Darf eine Stadt auf ihrem Internetportal in Wettbewerb zur privaten Presse treten? Mit dieser Frage hatte sich das OLG Hamm zu befassen. Die Klägerin war ein Verlag aus Dortmund die Beklagte die Stadt Dortmund. Die Stadt Dortmund ist verantwortlich für ein Internetportal, das – jedenfalls im Mai 2017
– in Teilen werbefinanziert gewesen ist. Der 4 Zivilsenat des OLG Hamm hat am Ende der mündlichen Verhandlung die Klage abgewiesen. Der klagende Verlag trägt die Kosten des Rechtsstreits, die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.
Der klagende Verlag verlangt von der beklagten Stadt, ihr Telemedienangebot
im Rahmen der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit auf die redaktionelle Darstellung der eigenen Aktivitäten zu beschränken. Er meint, das Gebot der Staatsferne der Presse würde es der öffentlichen Hand – und damit auch den Kommunen – untersagen, in Wettbewerb zur privaten Presse mit eigenen Angeboten zu treten. Ausgenommen hiervon seien Veröffentlichungen zur Öffentlichkeitsarbeit in einem gebotenen Umfang.
Die beklagte Stadt würde den Bereich kommunaler Öffentlichkeitsarbeit überschreiten, wenn sie beispielsweise Artikel zum allgemeinen lokalen Stadtgeschehen veröffentliche. Dagegen vertritt die beklagte Stadt u. a. die Ansicht, sie erfülle durch das Internetportal ihre Verpflichtung zur öffentlichen Daseinsvorsorge.
Die zur Entscheidung anstehenden Sach- und Rechtsfragen hat der Senat
in der mündlichen Verhandlung mit den anwesenden Parteien und ihren Anwälten ausführlich erörtert. Dabei hat der Senat zu erkennen gegeben, dass bei Vornahme einer wertenden Gesamtbetrachtung eine Verletzung des aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz folgenden Gebots der Staatsferne der Presse nicht feststellbar sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass das Internetportal der Stadt in unzulässiger Weise die private Presse substituiere.
Im Hinblick auf den Umfang des Internetportals einschließlich der großen Anzahl an Haupt- und Unterseiten könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass durch den Betrieb des Stadtportals in der streitgegenständlichen Form ein Leseverlust bei der privaten Presse und eine damit dem Institut der freien Presse zuwider laufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten eintrete. Zwar würden einzelne Artikel gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstoßen. Diese würden aber aufgrund der abrufbaren Fülle an Informationen „untergehen“.
Quelle: OLG Hamm Az. 4U1/20 vom 10.06.2021