Der Oberste Gerichtshof Österreichs hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor Kurzem in zwei Fällen um eine Vorabentscheidung gebeten, in denen es erneut um den Urheberrechtsschutz bei Internet-Fernsehen und Streaming sowie Geoblocking geht.
Der erste Fall ( 4 Ob 40/21t ) betrifft den Betrieb eines Online-Videorekorders. Die Beklagte bot Geschäftskunden (z.B. Netzbetreibern, Hotels und Stadien) einen Internet-Protokoll-Fernsehdienst („IPTV“) an. Der IPTV-Dienst umfasste einen Online-Videorecorder, der es den Kunden des Kunden ermöglicht, individuelle Programme aufzuzeichnen; und eine Wiedergabefunktion, die es den Kunden ermöglicht, Fernsehprogramme bis zu sieben Tage lang auf Abruf anzusehen, wenn sie diese Funktion für einen einzelnen Fernsehkanal aktivieren möchten. Der IPTV-Dienst umfasste Fernsehprogramme, die von der Ansprecherin erstellt und ausgestrahlt wurden.
Das österreichische Gericht will nun vom EuGH wissen, ob der Betrieb eines von einem kommerziellen Anbieter bereitgestellten Online-Videorekorders inklusive Wochenrückschau mit der Urheberrechtsrichtlinie vereinbar ist. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Technik lediglich auf eine bereits vorhandene Kopie verweise, wenn diese bereits von einem anderen Nutzer erstellt wurde. Eine Einwilligung der Rechteinhaber liege aber nicht vor.
Der zweite Fall (4 Ob 44/21f) bezieht sich auf eine Online-Streaming-Plattform, die sich an Emigranten aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens richtet. Die Beklagte betrieb die Plattform auf Basis von Lizenzverträgen mit TV-Sendern. Nach diesen Vereinbarungen war die Beklagte verpflichtet, das Streaming-Signal für bestimmte Shows in bestimmten Territorien zu sperren. Die Klägerin ist Inhaberin des Urheberrechts an mehreren Fernsehsendungen, die auf den entsprechenden Fernsehsendern ausgestrahlt werden. Die Umgehung der Geoblocking-Maßnahmen der Beklagten sei relativ einfach, die Beklagte habe Kenntnis von Kunden, die ihren Dienst außerhalb des lizenzierten Gebiets nutzen, und verhindere eine solche unerlaubte Nutzung nicht.
Auch hier bittet das österreichische Gericht um eine Interpretation des Begriffs der "öffentlichen Wiedergabe" im Sinne der Richtlinie. Es hebt dabei etwa hervor, dass über den Streaming-Dienst der Empfang von Inhalten, die von den Rechteinhabern nicht autorisiert wurden, über mehrere Wochen auch ohne Virtual Private Network (VPN) möglich gewesen sei. Ferner sei zu klären, ob Dritte, die für den Service werben, Testabonnements mit Endkunden abschließen, einen Kundendienst betreiben und Zahlungen entgegennehmen, ebenfalls für eine potenziell rechtswidrige Wiedergabe haften.