Am 11. September 2024 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem wichtigen Fall zu den Rechten von Fotografen und Nutzern bei der öffentlichen Zugänglichmachung von Lichtbildern im Internet. Das Urteil im Fall I ZR 140/23 betrifft insbesondere die Frage, ob eine konkludente Einwilligung des Fotografen vorliegt, wenn dieser seine Fotografien ohne Einschränkungen als Fototapeten vertreibt. Verleger und Geschäftsführer von Verlagen sollten dieses Urteil genau beachten, da es grundlegende Fragen zu den Nutzungsrechten und Urheberrechten an Werken wie Fotografien klärt.
Im zugrunde liegenden Fall ging es um die Fotografie einer Kaffeetasse, die als Fototapete vermarktet wurde. Ein Gastronom hatte die Fototapete in seinem Lokal angebracht, woraufhin seine Ehefrau, die eine Medienagentur betreibt, ein Foto des Gastraums inklusive der Tapete auf der Website des Tenniscenters veröffentlichte. Dieses Foto nutzte sie wiederum auf der Website ihrer Agentur als Referenz. Die klagende Partei, eine Bildrechtsagentur, erhob Klage wegen einer angeblichen Verletzung der Nutzungsrechte am Bild.
Das Amtsgericht Düsseldorf und das Landgericht Düsseldorf wiesen die Klage ab. Der BGH bestätigte nun diese Entscheidungen und stellte klar, dass die Rechteinhaberin in diesem Fall kein Schadensersatzrecht habe. Laut dem BGH sei eine konkludente Einwilligung des Fotografen in die Nutzung des Bildes gegeben, da die Tapete ohne Beschränkungen verkauft und somit mit einer Weiterverwendung des Bildes – insbesondere durch Fotografie des dekorierten Raums – zu rechnen sei.
Zudem führte der BGH aus, dass Fotografien von Räumen, die mit Fototapeten dekoriert sind, eine übliche Nutzung darstellten, die im Zuge der Nutzung dieser Tapeten zu erwarten sei. Eine Nutzung des Fotos, das den Raum samt Tapete zeigt, im Internet, sei nicht nur dem Gastronom selbst, sondern auch beauftragten Dienstleistern, wie der Medienagentur der Ehefrau, erlaubt.
Ein weiteres bedeutendes Detail des Urteils ist, dass das Fehlen einer Urheberkennzeichnung auf der Fototapete als Verzicht des Fotografen auf sein Urheberbenennungsrecht ausgelegt wurde. Dies stärkt die Position der Nutzer, da sie ohne expliziten Hinweis davon ausgehen dürfen, dass keine weiteren Rechte einzuholen sind.
Das Urteil hat weitreichende Folgen für Verlage und andere Unternehmen, die regelmäßig Werke wie Fotografien verwenden oder vermarkten. Es stellt klar, dass bei der Vermarktung von Werken wie Fototapeten durch den Urheber eine konkludente Einwilligung in eine Weiterverwendung des Bildes vorliegen kann, insbesondere, wenn der Vertrieb ohne Einschränkungen erfolgt. Für Unternehmer bedeutet dies, dass die Nutzung solcher Werke, die im Rahmen einer üblichen Nutzung erfolgt, rechtlich abgesichert ist, solange keine expliziten Einschränkungen durch den Urheber erfolgen.
Für Verleger ergibt sich daraus eine gewisse Rechtssicherheit bei der Verwendung von urheberrechtlich geschützten Werken. Sollte beispielsweise ein Verlag Bilder auf einer Website veröffentlichen, die in einem geschäftlichen Zusammenhang stehen und nicht ausdrücklich durch den Urheber geschützt oder gekennzeichnet sind, kann eine konkludente Einwilligung zur Nutzung unterstellt werden. Unternehmer müssen allerdings wachsam sein: Hinweise auf Nutzungsbeschränkungen oder eine eindeutige Urheberkennzeichnung sind in jedem Fall zu respektieren, um Rechtsverletzungen zu vermeiden.
Quelle:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. September 2024 – I ZR 140/23
LG Düsseldorf, Urteil vom 27. September 2023,
AG Düsseldorf, Urteil vom 13. Dezember 2022.