Den Vergütungsanspruch bei unberechtigter Nutzung eines kurzen Textes hat das Landgericht Hamburg in einem Urteil festgelegt. Auch vergleichsweise kurze Wortschöpfungen oder solche in alltäglichen, technischen oder formalen Verwendungszusammenhängen sind grundsätzlich geschützt und können nicht ohne Genehmigung für Werbezwecke im Internet verwendet werden.Urheberrecht eines Werbetextes: Werkcharakter eines kurzen Textes; Bemessung des Vergütungsanspruchs bei unberechtigter Nutzung eines kurzen Sprachwerkes für Werbezwecke im Internet ohne Nennung des Urhebers
LG Hamburg 8. Zivilkammer, Urteil vom 06.11.2015, 308 O 446/14
§ 97 Abs 1 UrhG, § 13 UrhG, § 812 Abs 1 S 1 BGB
Tenor
1. Der Beklagten wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 Euro, Ordnungshaft höchstens zwei Jahre), zu vollstrecken an ihren gesetzlichen Vertretern,
verboten
im Bereich der Bundesrepublik Deutschland
den nachfolgend wiedergegebenen Text zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen
„Rund um die Villa kann man auf dem weitläufig terrassierten Areal mehrere Stilrichtungen der Gartenkunst wie in einem Museum bewundern: neben einem größeren, französischen Garten reihen sich unter anderem ein provenzalischer, italienischer, japanischer sowie ein Stein- und Rosengarten aneinander. An jeder Seite der Terrasse öffnen sich raffiniert gesetzte Ausblicke auf das Meer.“
wie geschehen auf den Internetseiten
www.html
www..html
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 600,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.07.2011 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft über Art und Umfang der ggf. weiteren, über Ziffer 1. hinausgehenden Nutzung des in Ziffer 1 abgedruckten Textes zu erteilen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Rechtsanwälte U.v. H., (Anschrift entfernt) in Höhe von 292,00 € freizuhalten.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 57 % und die Beklagte 43% zu tragen.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung von 3.000,00 € für die Vollstreckung des Unterlassungsantrages zu Ziffer 1 und im Übrigen bei Zahlung einer Sicherheitsleistung von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
1 Der Kläger verlangt von der Beklagten wegen der Nutzung eines Textes auf von der Beklagten betriebenen Internetseiten Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft.
2 Der Kläger ist Reisejournalist. Er stellt sich u.a. auf seiner Internetseite www. n..de vor.
3 Die Beklagte vermietet über die von ihr betriebenen deutschsprachigen Internetseiten www. b..de und www. b..com Appartements in dem Landhaus „B. S. R.“ in S. auch nach Deutschland.
4 Anfang Oktober 2014 befand sich auf den Internetseiten der Beklagten unter der Rubrik „Freizeit“ auf den im Tenor genannten URL’s folgender, aus 88 Wörtern bestehender Text:
Abbildung
5 Die Internetseiten wurden vor Oktober 2014 unstreitig zuletzt am 14.07.2011 aktualisiert. Auf die vom Kläger vorgelegte Denic-Auskunft (Anlage K5) wird verwiesen.
6 Mit Schreiben vom 12.11.2014 mahnte der Kläger die Beklagte wegen der Nutzung des Textes ab und verlangte Schadensersatz in Höhe von 683,56 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 180,46 €, insgesamt 864,02 €, berechnet nach den Vergütungsempfehlungen der Deutschen Journalistinnen und Journalisten Union (dju). Die Beklagten schickten das Schreiben mit dem Zusatz „Bitte keine weiteren Mails & Faxe“ an den Kläger zurück, ohne die vom Kläger verlangte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Den Text entfernten sie von der Internetseite.
7 Der Kläger macht geltend, der angegriffene Text stamme aus zwei von ihm verfassten Texten. Der erste Satz stamme aus einem Text des Klägers über die „C. d. A.“, welchen er dem Online-Reiseportal s.a.w..de nicht ausschließlich lizensiert habe und in dem es unter der Überschrift „F. E. d. R.“ heißt:
8 „Sie [B. d. R. – Ergänzung d.d. Gericht] überwachte die Arbeiten für die italienische Renaissancevilla persönlich, wobei sie nicht weniger als zwölf Architekten zur Verzweiflung getrieben haben soll.“
9 Auf Anlage K6 wird Bezug genommen. Der zweite Teil stamme aus einem dem M. M. Verlag lizensierten Text, der in dem Reiseführer „P. / C. D. A.“ des M. M. Verlages wie folgt erschienen sei:
10 „Rund um das Haus wurden auf einem weitläufig terrassierten Areal mehrere Stilrichtungen der Gartenbaukunst wie in einem Museum vereint: Neben einem größeren französischen Garten reihen sich provenzalische, spanische, italienische, japanische und exotische Gärten aneinander. An jeder Seite der Terrasse öffnen sich raffiniert gesetzte Ausblicke auf das Meer.“
11 Auf Anlage K10 wird verwiesen. Vorbekannte identische Texte habe es nicht gegeben. Die Internetseite s.a.w..de sei bereits im Jahr 2000 gestaltet worden, der Reiseführer erstmals 1997 erschienen. Die von der Beklagten vorgelegten Entgegenhaltungen seien späteren Datums. Dem M.-M.-Verlag habe er lediglich für die redaktionelle Nutzung für Reiseführer exklusive Nutzungsrechte eingeräumt, nicht jedoch Rechte zur werblichen Nutzung. Für vergleichbar lange Texte (120 Wörter) verlange er üblicherweise schon bei einer Lizensierung für nur eine Saison eine Lizenz in Höhe von 1.500,00 €. Für die mehrjährige Nutzung des 88 Wörter langen Textes stehe ihm daher jedenfalls eine Lizenz in Höhe von 1.000,00 € zzgl. eines 100%-Zuschlages für die unterlassene Urhebernennung zu.
12 Der Kläger beantragt,
13 1. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 Euro, Ordnungshaft höchstens zwei Jahre), zu unterlassen,
14 im Bereich der Bundesrepublik Deutschland
15 den nachfolgend wiedergegebenen Text zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen
Abbildung
16 wie geschehen auf den Internetseiten
17 www.html
18 2. die Beklagte zu verurteilen, für die unberechtigte Nutzung des Textes gemäß Ziffer 1. Schadensersatz in Höhe von 2.000,00 € an den Kläger zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.07.2011;
19 3. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft über Art und Umfang der ggf. weiteren, über Ziffer 1. hinausgehenden Nutzung des in Ziffer 1 abgedruckten Textes zu erteilen
20 4. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Rechtsanwälte U.v. H., (Anschrift entfernt) in Höhe von 679,10 € freizuhalten.
21 Die Beklagte beantragt,
22 die Klage abzuweisen.
23 Die Beklagte ist der Meinung, die übernommenen Texte seien kein urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk, da sie lediglich allgemein bekannte Fakten wiedergeben würden, die in verschiedenen freien Online-Enzyklopädien nahezu identisch formuliert seien. Auf Anlagen B1 bis B6 wird Bezug genommen. Der Kläger sei zudem nicht aktivlegitimiert, er habe seine Urheberschaft nicht nachgewiesen. Auf die Vermutungswirkung des § 10 UrhG könne er sich nicht stützen, da er in der Anlage K6 nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Text genannt werde, sondern nur auf der Hauptseite der Internetseite s.a.w..de. Aus dem als Anlage K10 vorgelegten Auszug des Reiseführers sei der Buchtitel nicht ersichtlich. Ferner sei nicht auszuschließen, dass der Kläger die Texte aus vorbekannten Texten der als Anlagen B1 bis B6 vorgelegten Online-Enzyklopädien übernommen habe. Jedenfalls liege kein schuldhaftes Verhalten der Beklagten vor, da sie den Text aus einer Online-Enzyklopädie übernommen hätten, ohne dass auf den Kläger als Autor hingewiesen worden sei.
24 Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung die vom Kläger vorgelegte Erstauflage des Reiseführers „P. / C. D. A.“ des M. M. Verlages aus dem Jahr 1997 in Augenschein genommen. Bezüglich des Ergebnisses der Inaugenscheinnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
25 Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 16.09.2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe
26 Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
A.
27 Das Landgericht Hamburg ist international und örtlich zuständig. Die internationale Zuständigkeit folgt aus Art 5 Nr. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 15.01.2015 (EuGVVO). Danach kann, wenn eine unerlaubte Handlung Gegenstand des Verfahrens bildet, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, geklagt werden. Das ist sowohl der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens als auch der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs. Zwischen beiden Gerichtsständen hat die Klägerin die Wahl (EuGH, GRUR 2014, 599 Rn. 27 – Hi Hotel/Spoering). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die widerrechtliche Nutzung eines Textes durch die Beklagte, an dem der Kläger ausschließliche Nutzungsrechte geltend macht. Dies ist eine unerlaubte Handlung, deren schädigendes Ereignis auch in dem Bezirk eintritt, in dem der Text über das Internet abrufbar war (vgl. EuGH, Urteil vom 22.01.2015, C-441/13, Rn. 34 – Hejduk / EnergieAgentur.NRW GmbH). Dies ist auch der Bezirk des Landgerichts Hamburg. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 32 ZPO. Danach ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Das ist jeder Ort, an dem auch nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale des Delikts verwirklicht worden ist, also nicht nur der Begehungsort, sondern auch der Erfolgsort (Zöller-Vollkommer, Zivilprozessordnung, 27. Auflage 2009, § 32 Rn. 16). Erfolgsort ist vorliegend auch Hamburg, weil der Text auch in Hamburg abrufbar war.
B.
28 Die Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
I.
29 Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch in Bezug auf den im Tenor unter Ziffer 1 genannten Textteil aus § 97 Abs. 1 UrhG zu.
30 1. Der als Klagemuster vorgelegte Text
31 „Rund um das Haus wurden auf einem weitläufig terrassierten Areal mehrere Stilrichtungen der Gartenbaukunst wie in einem Museum vereint: Neben einem größeren französischen Garten reihen sich provenzalische, spanische, italienische, japanische und exotische Gärten aneinander. An jeder Seite der Terrasse öffnen sich raffiniert gesetzte Ausblicke auf das Meer.“
32 ist als Sprachwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt. Werke im Sinne des UrhG sind gemäß § 2 Abs. 2 UrhG nur persönliche geistige Schöpfungen. Auch kleinste Teile, die im Verhältnis zum ganzen Werk bedeutungslos sind, genießen nach dem Grundsatz der sog. „kleinen Münze“ Schutz, sofern sie nach Form oder Inhalt eine individuelle Prägung aufweisen. Bei Sprachwerken kann die persönliche geistige Schöpfung grundsätzlich sowohl in der Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts als auch in der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs liegen (BGH, GRUR 1987, 704, 705 - Warenzeichenlexika; GRUR 1980, 227, 230 - Monumenta Germaniae Historica; zum Inhaltsschutz auch GRUR 1962, 531, 533 - Bad auf der Tenne II). Auch vergleichsweise kurze Wortschöpfungen oder solche in alltäglichen, technischen oder formalen Verwendungszusammenhängen sind grundsätzlich einem Urheberrechtsschutz als Sprachwerk zugänglich (vgl. EuGH Slg. 2009, I-6569= GRUR 2009, 1041, Rdn. 33 bis 37 - Infopaq/DDF). Entscheidend ist dabei in erster Linie, dass der schöpferische geistige Inhalt seinen Niederschlag und Ausdruck in der Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts und/oder der geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs findet (Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl., § 2 Rdn. 19). Je mehr sich die Texte auf die exakte und vollständige Wiedergabe von vorgegebenen Tatsachen beziehen, desto enger wird der Gestaltungsspielraum für einen individuell geformten Text (Hans. OLG, Urteil vom 02.05.2012, Az. 5 U 144/09, BeckRS 2013, 02389, S. 7). Die individuelle Form eines Schriftwerkes muss sich dabei vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten unterscheiden (BGHZ 94, 276, 287 - Inkasso-Programm; BGH GRUR 1973, 602, 603 - Hauptmann-Tagebücher). Eine rein handwerkliche oder routinemäßige Leistung, mag sie auch noch so solide und fachmännisch sein, trägt nicht den erforderlichen Stempel der Individualität (Schricker/Loewenheim, a.a.O., Rdn. 26).
33 Nach diesen Grundsätzen erreicht der oben wiedergegebene Textteil (noch) die für einen Sprachwerkschutz erforderliche Individualität. Es handelt sich nicht lediglich um eine bloße Aufzählung der um die Villa herum angeordneten Gärten. Durch die Formulierung „Rund um das Haus wurden auf einem weitläufig terrassierten Areal mehrere Stilrichtungen der Gartenbaukunst wie in einem Museum vereint“ wird eine museal anmutende Landschaft mit Worten beschrieben, die Ausdruck individueller Gedanken und Ansichten sind. In Verbindung mit dem nachfolgenden Satz „An jeder Seite der Terrasse öffnen sich raffiniert gesetzte Ausblicke auf das Meer.“ ergibt sich daraus eine individuelle Darstellung der Umgebung, die über eine bloße Beschreibung von Fakten (Meerblick) hinausgeht und auch durch die eher selten verwandten Wortkombinationen „raffiniert gesetzt“ und „öffnen sich Ausblicke“ einen individuellen Stil des Autors erkennen lässt. Auch wenn die Gestaltungsspielräume bei der Beschreibung der Landschaft nicht sehr groß sind und insoweit ein nur begrenzter Raum für Individualität besteht, hat der Kläger diesen hier ausgeschöpft. Zumindest in seiner Gesamtheit unterscheidet sich der Textausschnitt dadurch trotz der darin enthaltenen Aufzählung, die eine bloße Wiedergabe vorhandener Fakten ist, von einer rein handwerklichen, routinemäßigen Leistung.
34 2. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Aus dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Reiseführer „P. / C. D. A.“ des M. M. Verlages ergibt sich, dass der Kläger im Impressum auf Seite 3 des Reiseführers als originärer Schöpfer sämtlicher Texte genannt wird („Text und Recherche“). Die Wiedergabe des Autors im Impressum stellt eine übliche Stelle für die Bezeichnung des Urhebers dar. Damit streitet für den Kläger die Vermutung des § 10 Abs. 1 UrhG dafür, dass er Urheber des oben wiedergegebenen Textes ist, der sich – wie die Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung ergeben hat - auf Seite 216 des Reiseführers aus dem Jahr 1997 befindet. Substantiierte Einwände hiergegen, die diese Vermutung widerlegen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Soweit sie als mögliche Quelle des Textes auf identische oder nahezu identische Texte in verschiedenen Online-Enzyklopädien (Anlagen B1 bis B6) verweist, hat sie bereits nicht schlüssig dargelegt, dass diese vor 1997 entstanden sind. In Bezug auf den wortgleichen Wikipedia-Eintrag (Anlage B1) folgt vielmehr aus der mit vorgelegten Versionsgeschichte (Anlage B2), dass dieser erst 2007 entstanden ist. Zur Entstehung der übrigen Texte in den Online-Enzyklopädien deacademic.com (Anlage B3), library.kiwix.org (Anlage B4), wikimapia.org (Anlage B5) und flickr.com (Anlage B6) hat die Beklagte nichts vorgetragen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Enzyklopädien selbst bereits im Jahr 1997 existierten, was vom Kläger bestritten wurde. Denn im Jahr 1997 stand das Internet noch in Anfängen und selbst die wohl bekannteste Online-Enzyklopädie Wikipedia ist nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers erst im Jahr 2001 gegründet worden.
35 Als Urheber ist der Kläger originärer Inhaber sämtlicher ausschließlicher Nutzungsrechte an dem Text. Diese Rechtsposition steht ihm nach wie vor zumindest im Hinblick auf die von der Beklagten vorgenommene Nutzung, nämlich zur Bewerbung ihrer Appartementvermietung, zu. Gegen die von der Beklagten behauptete Übertragung sämtlicher ausschließlicher Nutzungsrechte an dem Text von dem Kläger auf den M.-M.-Verlag spricht bereits die im Urheberrecht geltende Zweckübertragungsregel, die in § 31 Abs. 5 UrhG zum Ausdruck kommt. Danach übertragt der Urheber im Zweifel keine weitergehenden Rechte, als es der Zweck der Verfügung erfordert (BGH GRUR 1984, 119, 121 – Synchronisationssprecher; BGH GRUR 1966, 121, 122 – Pauschale Rechtseinräumung, Schulze in: Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 31 Rn. 110 m.w.N.). Das Urheberrecht verbleibt grundsätzlich soweit wie möglich beim Urheber, um sicherzustellen, dass er an der Verwertung seines Werkes angemessen beteiligt wird (BGH ZUM 1998, 497, 500 – Comic-Übersetzungen). Gegen eine weitergehende Rechteeinräumung spricht auch die von dem Kläger vorgelegte Erklärung der Geschäftsführung des M.-M.-Verlages, wonach dem Verlag zwar die ausschließlichen Nutzungsrechte in Bezug auf die Veröffentlichung in Reiseführern übertragen wurden, nicht jedoch die Rechte zur werblichen Nutzung einzelner Texte oder Textausschnitten (Anlage K22). Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Eine werbliche Nutzung stellt gegenüber der redaktionellen Nutzung eine selbständige Nutzungsart dar.
36 3. Die Beklagte ist passivlegitimiert. Sie hat den Text nahezu wortgetreu in lediglich leicht abgewandelter Form („Villa“ statt „Haus“, „bewundern“ statt „vereint“) auf ihrer auch in Deutschland abrufbaren Internetseite für jeden Internetnutzer zum Abruf bereit gehalten und damit öffentlich zugänglich gemacht im Sinne des § 19a UrhG. Dies setzt eine Vervielfältigung des Textes auf dem Server der Beklagten im Sinne des § 16 UrhG voraus. Beides stellt eine Urheberrechtsverletzung dar, weil die Möglichkeiten, einen Gedankeninhalt in eine sprachliche Form zu bringen, auch in Bezug auf diesen recht kurzen Textabschnitt derart unterschiedlich sind, dass eine Übernahme des individuell vom Kläger geprägten Textes nicht erforderlich gewesen wäre.
37 4. Die Nutzung erfolgte ohne Einwilligung des Klägers und damit widerrechtlich. Ob die Beklagten geglaubt haben, zur Nutzung berechtigt zu sein, ist für den Unterlassungsanspruch unerheblich, denn dieser besteht verschuldensunabhängig und ein gutgläubiger Erwerb von Rechten ist nicht möglich.
38 5. Die erforderliche Wiederholungsgefahr folgt bereits aus der widerrechtlichen Nutzung. Zur Ausräumung dieser Vermutung wäre neben der Entfernung des Textes aus dem Internet die Abgabe einer ernsthaften, unbefristeten, vorbehaltlosen und - dies insbesondere - hinreichend strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung erforderlich gewesen, wie sie vom Kläger erfolglos verlangt wurde.
II.
39 Dem Kläger steht gegen die Beklagte aufgrund der widerrechtlichen Nutzung des Textes ferner gemäß §§ 812 Abs. 1S. 1, 2. Alt, 818 Abs. 2 BGB ein - ebenfalls verschuldensunabhängiger - Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Lizenz zu, allerdings nur in Höhe einer Grundlizenz von 300,- € (zuzüglich einer weiteren Lizenz in Höhe von 300,- € für die unterlassene Namensnennung – dazu unter III.). Darüber hinausgehend ist der Zahlungsanspruch des Klägers unbegründet.
40 1. Die Voraussetzungen einer bereicherungsrechtlichen Haftung, auf die sich der Kläger primär stützt (vgl. S. 11/12 der Klagbegründung) liegen dem Grunde nach vor. Die Beklagte hat durch die öffentliche Zugänglichmachung des Textes des Klägers etwas erlangt, nämlich den üblicherweise nur gegen Entgelt gestatteten Gebrauch des Textes. Sie hat damit in den Zuweisungsgehalt des Rechts des Klägers zum öffentlichen Zugänglichmachen des Textes (§ 19a UrhG) und – da sie den Text ohne Namensnennung des Klägers veröffentlicht hat – auch in das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem Text (§ 13 UrhG) eingegriffen. Damit hat sie sich auf Kosten des Klägers den Gebrauch dieser Rechte ohne rechtlichen Grund verschafft (vgl. BGH, Urteil vom 15.1.2015, I ZR 148/13, Rn. 32 – Motorradteile). Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 32 – Motorradteile; BGH, Urteil vom 29.4.2010 – I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 33 – Restwertbörse I m.w.N.; BGH GRUR 1982, 301, 303 – Kunststoffhohlprofil II). Wer durch die Verletzung des Urheberrechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall auch nicht mit Erfolg nach § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall seiner Bereicherung berufen, da das Erlangte – also der Gebrauch des Schutzgegenstandes – nicht mehr entfallen kann (BGH, Urteil vom 15.1.2015, I ZR 148/13, Rn. 32 – Motorradteile m.w.N.).
41 2. Bei der Bemessung der üblichen Lizenz ist nicht darauf abzustellen, was die Beklagte üblicherweise zahlt, sondern was aus Sicht vernünftiger Parteien als sachlich angemessener Wert einer solchen Benutzungsberechtigung vereinbart worden wäre (BGH GRUR 62, 509, 513 – Dia-Rähmchen II). Ausgangspunkt der gemäß § 287 ZPO vorzunehmenden Schätzung kann dabei die vom Rechteinhaber üblicherweise verlangte und am Markt durchsetzbare Lizenz sein. Unerheblich ist, ob der Verletzer bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlung eine Vergütung in dieser Höhe zu bezahlen (BGH GRUR 2006, 136, 137 – Pressefotos; Hans. OLG, Urteil vom 21.5.2008 – 5 U 75/07= BeckRS 2009, 25057 – Yacht). Nach diesen Grundsätzen schätzt das Gericht die von vernünftigen Parteien für den Text als sachlich angemessen vereinbarte Lizenz für die öffentliche Zugänglichmachung des Textes zur werblichen Nutzung auf 300,00 €. Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:
42 - Es handelt sich um einen lediglich aus drei Sätzen bestehenden und damit sehr kurzen Textteil.
43 - Die Schöpfungshöhe des Textes ist angesichts des begrenzten Gestaltungsspielraumes bei der Beschreibung der vorgegebenen Fakten und des zum Teil lediglich beschreibenden Inhalts (Aufzählung von Gärten) gering.
44 - Der Text wurde zwar seit 2011 und damit über mehrere Jahre hinweg genutzt, jedoch lediglich auf einer Unterseite der Internetseite der Beklagten.
45 - Die Lizenz entspricht dem Betrag, den der Kläger vorprozessual von der Beklagten mit Schreiben vom 12.11.2014 (Anlage K7) für die Nutzung des gesamten angegriffenen Textes als Grundlizenz (ohne 100% Zuschlag für die unterlassene Urhebernennung) verlangt hat. Dort hat er auf der Grundlage der Empfehlungen der Honorarbestimmungen der Deutschen Journalistinnen und Journalisten Union (dju) eine Grundlizenz von 341,78 € für die bisherige Nutzung des gesamten Textes geltend gemacht. Auf die Berechnung in Anlage K7 wird verwiesen. Eine Grundlizenz von 300,- € für lediglich einen Teil des angegriffenen Textes stellt danach in jedem Fall einen sachlich angemessenen Wert für die Nutzungsberechtigung dar.
46 3. Die vom Kläger als Anlage K2 vorgelegten Rechnungen über die Lizensierung von Texten sind demgegenüber als Grundlage der Schadensschätzung ungeeignet. Zwar ist diesen Rechnungen zu entnehmen, dass der Kläger für die Nutzung von sehr kurzen Texten jeweils 1.500,00 € berechnet hat und diese Rechnungen offenbar auch bezahlt wurden. Allerdings ergibt sich aus den Rechnungen auch, dass diese erst weit nach Beginn der Nutzung der Texte ausgestellt wurden, nämlich einmal im November 2014 für die Nutzung im Printkatalog 2...4 und zur Bewerbung auf der eigenen Homepage mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2104, ein weiteres Mal im Juli 2014 ebenfalls für die Nutzung im Printkatalog 2...4 und zur Bewerbung auf der eigenen Homepage mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2104. Beides spricht nicht dafür, dass es sich um Lizenzen handelte, die der Kläger vor Beginn der Nutzung am Markt frei durchsetzen konnte. Gegen die Heranziehung dieser Lizenzen spricht zudem, dass sie auch Printnutzungen umfassen, die vorliegend nicht streitgegenständlich sind, und sie sich zudem derart weit von den Honorarempfehlungen der dju entfernen, dass sie nicht mehr als sachlich angemessener Wert für einen Text wie den vorliegenden angesehen werden können.
47 4. Auf ein Verschulden der Beklagten kommt es für einen bereicherungsrechtlichen Anspruch nicht an, da lediglich der von der Beklagten durch die Nutzung erlangte Vermögensvorteil herauszugeben ist.
III.
48 Zusätzlich zu dieser Grundlizenz steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung eines Zuschlags in Höhe von 100%, mithin weiterer 300,-€, wegen der unterlassenen Urhebernennung zu. Der Anspruch folgt sowohl aus Bereicherungsrecht gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB als auch aus § 97 Abs. 2 UrhG.
49 1. Die in der fehlenden Benennung des Urhebers liegende Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG) kann einen materiellen Schaden des Urhebers darstellen (BGH Urteil vom 15.1.2015 – I ZR 148/13, Rn. 37 – Motorradteile m.w.N.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Urheber dadurch Folgeaufträge entgehen (BGH a.a.O. Rdn. 39 Motorradteile; Schricker/Loewenheim, UrhG, 4 Aufl., § 13 Rdn. 21a; Fromm/Nordemann, UrhR, 11. Aufl, § 13 Rdn. 30). Seinen aus § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG folgenden Schadensersatzanspruch kann der Urheber auf der Grundlage des Betrages berechnen, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Ist unter den Parteien streitig, ob ein materieller Schaden entstanden ist und wie hoch sich dieser Schaden beläuft, so entscheidet hierüber das Gericht nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Dabei kann es die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines durch die fehlende Urheberbenennung verursachten Schadens geschuldet ist, in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen, die für die jeweilige Nutzung (hier das öffentliche Zugänglichmachen eines Textes) zu zahlen ist (vgl. BGH a.a.O. Rdn. 39 – Motorradteile; Fromm/Nordemann a.a.O. § 13 UrhG Rn. 30 f und § 97 UrhG Rn. 101; Schricker/Loewenheim a.a.O. § 13 UrhG Rn. 21a; Dreier/Schulze, UrhR, 5. Aufl., § 13 Rn. 35 und § 97 Rn. 76; jeweils mwN). Dieser Anspruch kann auch aus Bereicherungsrecht gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden. Denn dem Vermögensnachteil des Verletzten in Form der entgangenen Lizenzgebühr steht als abschöpfbarer Vermögensvorteil die vom Verletzer ersparte Lizenzgebühr gegenüber (vgl. BGH a.a.O., Rn. 39 – Motorradteile).
50 2. Das allein für einen Schadensersatzanspruch erforderliche Verschulden der Beklagten liegt vor. Die Beklagte handelte jedenfalls fahrlässig. Wer eine Leistung nutzt, die zugunsten eines Anderen geschützt sein könnte, hat die Pflicht, sich über den Bestand des Schutzes und seine Nutzungsberechtigung zu vergewissern. Bleiben Unsicherheiten, darf nicht genutzt werden. Dabei darf sich der Nutzer auch nicht auf bloße Zusicherungen seines Rechtegebers verlassen, sondern ist gehalten, sich prüfbare Unterlagen vorlegen zu lassen (BGH GRUR 1988, 373, 375 - Schallplattenimport III). Tatsachen- und Rechtsirrtümer gehen zu Lasten des Nutzers (BGH GRUR 1998, 568, 569 - Beatles-Doppel-CD). Hier ist die Beklagte offenbar ohne weitere Prüfung von der Berechtigung ausgegangen, einen bei Wikipedia eingestellten Text nutzen zu dürfen, ohne sich zu vergewissern, wer Urheber des Textes war. Allein aus dem Umstand, dass ein Text bei einer Online-Enzyklopädie abrufbar ist, durfte die Beklagte jedoch nicht darauf schließen, diesen Text unentgeltlich und auch noch ohne Namensnennung für ihre eigene Internetseite nutzen zu dürfen. Sie hätte sich rückvergewissern müssen, ob der Text zur werblichen Nutzung freigegeben ist. Dies hat die Beklagte versäumt.
51 3. Der Höhe nach ist die von dem Kläger geltend gemachte (fiktive) Lizenz für die unterlassene Urhebernennung in Höhe eines Aufschlags von 100% auf die Grundlizenz nach Würdigung aller Umstände nicht zu beanstanden (§ 287 ZPO). Die Nutzung eines Textes wie des vorliegenden im Rahmen eines Internetauftrittes hat für einen Journalisten regelmäßig eine Werbewirkung. Ein Verzicht hierauf würde nicht unentgeltlich erfolgen. Bei dem Kläger handelt es sich zudem um einen Reisejournalisten, der von der Auswertung seiner Reisebeschreibungen und Folgeaufträgen seinen Lebensunterhalt bestreitet. Gerade bei einer werblichen Nutzung, wie sie durch die Beklagte vorgenommen wurde, würde ein Verzicht auf diese Werbewirkung nur gegen Zahlung einer nicht unerheblichen Lizenz gestattet werden. Diese ist mit einem Aufschlag von 100% auf die Grundlizenz – vorliegend 300,00 € - angemessen bewertet.
IV.
52 Der Zinsanspruch folgt ebenfalls aus Bereicherungsrecht gemäß §§ 812, 818 Abs. 2 BGB. Für die Bemessung des bereicherungsrechtlichen Wertersatzes sind die Grundsätze, die die Rechtsprechung im Schadenersatzrecht zur Schadensliquidation nach der Methode der Lizenzanalogie entwickelt hat, in gleicher Weise anzuwenden. Danach ist der Verletzer nicht schlechter, aber auch nicht besser zu stellen als ein vertraglicher Benutzer des Streitschutzrechts. Der Verletzer muß sich so behandeln lassen, als habe er eine vertragliche Lizenz zu angemessenen Bedingungen am Klageschutzrecht erworben (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.1981 - X ZR 7/80 = GRUR 1982, 301, 303, Kunststoffhohlprofil II). Bei der Bestimmung des Verletzervorteils ist davon auszugehen, dass ein vertraglicher Lizenznehmer sich nicht nur zur pünktlichen Zahlung der Lizenzgebühren verpflichtet, sondern diese auch tatsächlich pünktlich entrichtet hätte. Träfe den vertraglichen Lizenznehmer bei verzögerlicher Lizenzzahlung eine gesetzlich oder vertraglich begründete Verzinsungspflicht, so muss diese Zinspflicht auch für den Verletzer gelten. Beließe man der Beklagten den Zinsvorteil, so würde man sie entgegen § 242 BGB besser als einen vertragstreuen Lizenznehmer stellen (vgl. BGH, a.a.O. GRUR 1982, 301, 303, Kunststoffhohlprofil II). Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte bei vertraglicher Lizenznahme auch einer vertraglichen Zinspflicht ausgesetzt gewesen wäre (vgl. Seite 12 der Klagbegründung). Diese hätte unabhängig vom Vorliegen des Verzugs mit Beginn der Rechtsverletzung begonnen, denn es ist davon auszugehen, dass unter vernünftigen Geschäftspartnern der als angemessen angesehene Lizenzsatz nur unter gleichzeitiger Vereinbarung einer über die gesetzliche Verzugsregelung hinausgehenden Zinspflicht für den Fall der verzögerlichen Lizenzzahlung ausbedungen worden wäre (vgl. hierzu BGH a.a.O GRUR 1982, 301, 304, Kunststoffhohlprofil II). Der Höhe nach entspricht der Zinsanspruch dem aus §§ 286, 288 Abs. 2 a.F. BGB folgenden gesetzlichen Zinsanspruch von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz – wie im Klagantrag zu 2 geltend gemacht –, da es sich um einen Vertrag gehandelt hätte, an dem ein Verbraucher nicht beteiligt ist. Der in der Klagbegründung auf Seite 13 geltend gemachte Prozentsatz von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entsprechend § 288 Abs. 2 BGB n.F. ist vorliegend nicht einschlägig, weil die Gesetzesänderung erst nach Beginn der Rechtsverletzung und damit nach dem fiktiven Abschluss eines Lizenzvertrages im Jahr 2011 in Kraft getreten ist.
V.
53 Der Auskunftsanspruch folgt aus § 242 BGB.Wer in seinen Urheberrechten verletzt wird, kann vom Verletzer zur Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatz- oder Bereicherungsausgleichsanspruchs nach Treu und Glauben Auskunftserteilung verlangen. Voraussetzung dafür ist, dass der Verletzte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Anspruchs auf Schadensersatz oder Bereicherungsausgleich im Ungewissen ist und sich die zur Durchsetzung dieser Ansprüche notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann, während der Verletzer sie unschwer, das heißt ohne unbillig belastet zu sein, erteilen kann (BGH, U. v. 29.4.2010, Az.: I ZR 68/08, www.bundesgerichtshof.de, Absatz-Nr. 43 – „Restwertbörse“). Die vom Kläger begehrte Auskunft kann von der Beklagten unter zumutbaren Umständen erteilt werden. Der Kläger bezieht seinen Auskunftsanspruch auf einen konkreten Text und verlangt lediglich Auskunft darüber, wo dieser Text – außer auf den beiden Internetseiten – außerdem genutzt wurde. Diese Auskunft ist der Beklagten ohne weiteres möglich, während es dem Kläger nicht zuzumuten ist, selbst zu recherchieren, wo, wann und in welcher Weise die Beklagte den Text darüber hinaus genutzt hat.
VI.
54 Soweit der Kläger darüber hinaus von der Beklagten gemäß § 97 Abs. 1 UrhG Unterlassung der Nutzung des Satzes
55 „Sie überwachte die Arbeiten für die italienische Renaissancevilla persönlich, wobei sie nicht weniger als zwölf Architekten zur Verzweiflung getrieben haben soll.“
56 verlangt, ist die Klage unbegründet. Es fehlt insoweit bereits an einem für den Unterlassungsanspruch erforderlichen schutzfähigen Sprachwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG. Wenngleich der Satz durchaus anschaulich formuliert ist, lässt er angesichts der darin enthaltenen Fakten keine über eine routinemäßige Leistung hinausgehende Entfaltung von Individualität erkennen. Der individuelle Gestaltungsspielraum ist bereits angesichts der vorgegebenen Tatsachen, die darzustellen sind, begrenzt. Von einer individuellen geistigen Schöpfung, die geschützt wird, kann bei einem Schriftwerk zudem nur gesprochen werden, wenn sich der Text über eine gewisse Länge erstreckt (BGH GRUR 1973, 602, 604 – Hauptmann-Tagebücher). Das ist hier nicht der Fall. Der oben wiedergegebene Satz lässt keine individuelle Gedankenführung erkennen. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht bereits aus den Wörtern „zur Verzweiflung getrieben haben soll“. Diese Formulierung stellt in Anbetracht der Möglichkeiten, die vorhandenen Fakten wiederzugeben, keine über eine handwerklich solide Leistung eines Reisejournalisten hinausgehende Sprachwerkschöpfung dar. Ein individueller Stil des Klägers kommt darin nicht zum Ausdruck.
57 Danach kann dahinstehen, ob der Kläger im Hinblick auf diesen Textteil überhaupt aktivlegitimiert ist. Soweit sich der Kläger unter Vorlage von Screenshots der Internetseite s.a.w..de auch insoweit auf die Vermutung des § 10 Abs. 1 UrhG stützt, dürfte dem der Umstand entgegenstehen, dass der Kläger zwar unter der Rubrik „C. d. A.“ auf der Hauptseite, nicht jedoch auf der Unterseite, auf der sich der streitgegenständliche Textteil befand, erwähnt wird (vgl. Anlage K6). Ob dies dennoch eine Bezeichnung des Urhebers in der üblichen Weise auf dem Vervielfältigungsstück eines Werkes darstellt (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Urteil vom 18.9.2014, I ZR 76/13 – CT Paradies) braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.
VII.
58 Da ein Sprachwerkschutz im Hinblick auf diesen Satz ausscheidet, stellt die Übernahme des Satzes durch die Beklagte keine widerrechtliche Nutzung dar. Damit scheiden im Hinblick auf diesen Satz auch Folgeansprüche des Klägers aus §§ 812, 818 BGB bzw. § 97 Abs. 1 UrhG sowie § 242 BGB aus.
VIII.
59 Die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Rechtsverfolgung stehen dem Kläger gemäß § 97a Abs. 1 UrhG lediglich in Höhe von 292,00 € zu. Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer nur teilweise berechtigten Abmahnung nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (BGH GRUR 2010, 744, 749 Rdn. 52 – Sondernewsletter). Der Gegenstandswert der gesamten Abmahnung wurde vom Kläger mit 8.600,00 € angegeben, wovon 6.000,00 € auf den Unterlassungsanspruch, 2.000,00 € auf den Zahlungsanspruch und 600,00 € (10% des Unterlassungsanspruchs) auf den Auskunftsanspruch entfallen sollten. Der berechtigte Teil der Abmahnung des Klägers umfasste demgegenüber lediglich einen Gegenstandswert von 3.700,00 €:
60 - Der Gegenstandswert des berechtigten Teils des Unterlassungsantrages beträgt, da nur eines von zwei Klagemustern berechtigterweise abgemahnt wurde, lediglich 3000,00 €.
61 - Ein Zahlungsanspruch besteht lediglich in Höhe von 600,00 € (siehe oben unter B.III und B.IV).
62 - Der Auskunftsanspruch ist mit 10% des geschätzten Leistungsinteresses und nicht des Unterlassungsinteresses zu bewerten. Ein möglicher Schadensersatzanspruch dürfte maximal in Höhe von 2.000,00 € in Betracht kommen, weshalb der Gegenstandswert des Auskunftsanspruchs lediglich 200,00 € beträgt. Da lediglich bezogen auf ein Klagemuster berechtigterweise abgemahnt wurde, beträgt der Gegenstandswertes insoweit lediglich 100,00 €.
63 Dem Kläger stehen daher nur 43% der geltend gemachten Abmahnkosten von insgesamt 679,10 € zu, was einem Betrag von 292,00 € entspricht.
IX.
64 Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 und 709 S.1 und 2 ZPO.
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Dr. Frank Remmertz, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und IT Recht in München
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