Reicht E-mail-Adresse als Anschrift?

05. November 2017

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit einem im September veröffent­lichten Ur­teil YouTube und Google verpflichtet, die E-Mail-Adresse ihrer Nutzer im Fall einer Urheberrechtsverletzung bekanntzugeben. Zu­gleich hat es festgestellt, dass über die Telefon­nummer und die zugewiesene IP -
Adres­se kei­ne Aus­kunft zu erteilen ist.  Die Klägerin ist eine deutsche Filmverwerterin. Sie besitzt die aus­schließlichen Nutzungsrechte an zwei Filmen, die von drei verschiedenen Nutzern der Platt­form YouTube öffentlich angeboten und jeweils mehrere tausendmal abgerufen wurden. Die Nutzer handelten unter einem Pseudonym. Die Klägerin möchte diese Nut­zer wegen der Verlet­zung ihrer Urheber­rechte in Anspruch nehmen. Sie hatte des­halb zunächst von den beklagten Unternehmen YouTube und Google die Angabe der Klarna­men und der Postanschrift der Nutzer begehrt. Nachdem die Beklagten erklärt hat­ten, dass diese Angaben ihnen nicht vorlä­gen, ver­folgt sie diesen Anspruch nicht weiter Sie be­gehrt nunmehr noch Auskunft über die E-Mail-Adressen, Telefon nummern und die IP-Adres­sen. Das Landgericht hat die Klage mit der Be­gründung abgewiesen, dass kein An­spruch auf Bekanntgabe dieser Daten be­stünde. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Das OLG hat die Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils verpflichtet, die E-Mail-Adressen be­kanntzugeben. Die Telefon­nummern und maßgeblichen IP-Adres­sen müs­sen dagegen auch nach Ansicht des OLG nicht mitgeteilt werden. Zur Begründung führt das OLG aus, die Beklagten hätten für die von den Nutzern begangenen Rechtsverlet­zungen gewerbsmä­ßig Dienstleistungen (§ 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG) zur Verfügung gestellt. Sie seien da­mit gemäß § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG ver­pflichtet, Auskunft über „Namen und Anschrift der Her­steller, Lieferanten und anderer Vorbe­sitzer der Vervielfältigungsstücke (...)“ zu erteilen.

Reicht E-Mail-Adresse als Anschrift?

Unter den Begriff der „Anschrift“ falle auch die E-Mail-Adresse. Den Begriffen „Anschrift“ und “Adres­se“ komme keine unterschiedliche Be­deutung zu. „Dass mit der Bezeichnung „An­schrift“ im Deutschen ursprünglich lediglich die Postanschrift gemeint war, ist historisch begründet“, so das OLG. Es gehe allein um die Angabe des Or­tes, an dem man jemanden „an­schreiben“ könn­te. Die gewählte Formulie­rung der „An­schrift“ gehe zudem auf das Jahr 1990 zurück. Zu die­sem Zeitpunkt habe der E - Mail - Ver­kehr „kaum eine praktische Bedeutung“ gehabt. Set­ze man demnach „An­schrift“ mit „Adresse“ gleich, erfasse dies ein­deutig auch die E-Mail-Adresse. Auch hier handele es sich um eine An­gabe, „wohin man schreiben muss, da­mit das Geschriebene den Empfänger er­reicht“. Nur die­ses Begriffsver­ständnis trage den geänderten Kommunikationsgewohnhei­ten und dem Sieges­zug des elek­tronischen Geschäftsverkehrs hin­reichend Rechnung. Telefon­nummer und IP-Adresse seien dagegen nicht vom Auskunftsan­spruch umfasst. Nach dem allgemeinen Spra chge­brauch verkörperten „An­schrift“ einerseits und „Telefonnummer“ ande­rerseits unterschiedli­che Kontaktdaten. Der von der Klägerin einge­führte Begriff der „Telefonanschrift“ sei auch nicht gebräuchlich. Bei IP-Adressen han­dele es sich - trotz des Wortbestandteils „Ad­resse“ - bereits deshalb nicht um eine „An­schrift“, da der IP-Adresse keinerlei Kommuni­kationsfunktion zukomme. Sie diene allein der Identifizierung des Endgerätes, von dem aus eine bestimmte Webseite aufgerufen werde. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, das OLG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Quelle:
Pressemitteilung OLG Frankfurt

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