Troisdorfer Bilderbuchpreis

02. September 2015

Der Troisdorfer Bilderbuchpreis, der in diesem Jahr zum 20. Mal verliehen wird, geht an Julie Völk für ihre Illustrationen zum Buch „Das Löwenmädchen“. Den zweiten Preis vergab die Jury gleich zweimal, zum einen an den Norweger Stian Hole für „Annas Himmel“ (Hanser 2014), zum anderen an Peter Schössow für sein Buch „Der arme Peter“ (THanser 2013). Den Förderpreis erhält Matthias Ries, der mit seinem animierten Film zu dem Gedicht „Trutz, Blanke Hans!“ des norddeutschen Dichters Detlev von Liliencron überzeugte. Die unabhängige Kinderjury, die sich aus Drittklässlern Troisdorfer Grundschulen zusammensetzte, wählte als ihren Favoriten das Buch „Lindbergh. Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus“ von Torben Kuhlmann (NordSüd 2014).

Der Troisdorfer Bilderbuchpreis ist der einzige Spezialpreis für künstlerische Bilderbuchgestaltung im deutschsprachigen Raum. Die diesjährige Jury, die am 6. März 2015 zusammentraf, setzte sich zusammen aus der Journalistin, Autorin und Regisseurin Ute Wegmann, dem Buchhändler und Herausgeber Thomas Schmitz sowie der leitenden Kuratorin Maria Linsmann vom Bilderbuchmuseum Troisdorf. Eine beratende Stimme hatte Dietlind Keutmann, Stiftung Alsleben. Die Jury ernannte insgesamt drei Preisträger wie auch einen Förderpreisträger. Ein weiterer Preis wurde von der unabhängigen Kinderjury vergeben. Das Preisgeld der Kinderjury stiftet der Förderverein des Museums.
Die Jury entschied einstimmig, der in Österreich lebenden Illustratorin Julie Völk den ersten Preis zuzuerkennen. Die Künstlerin illustrierte eine beim Gerstenberg Verlag veröffentlichte Geschichte, bei der ein Löwe im Vordergrund der Ereignisse steht. Löwe beschützt das Mädchen Louise und hält die anderen Kinder, den Lehrer, die Mutter auf Abstand. Der neue Nachbar Martin allerdings, der zunächst in die Rolle des gefährlichen Großwildjägers schlüpft, vertreibt Löwe zurück in die Savanne und lockt Louise aus ihrer erdachten (Schutz-)Welt heraus. Der klare und zarte Stil, den Julie Völk einsetzt, verbindet Realität mit Fantasie und schafft somit eine nahezu märchenhaft magische Atmosphäre. Während sich der prägnant verfasste Text zurückhält, stehen die detailreichen Bilder im Vordergrund. Dabei spiegeln die surrealistischen Zeichnungen die Gefühle der kleinen Louise überzeugend wider. Feinfühlig, komisch und berührend – so das Urteil der Jury, die damit ihren Favoriten gewählt hatte.
Einen der beiden zweiten Preise erhält der norwegische Autor und Illustrator Stian Hole. Mit seiner Collagetechnik, die erstaunlich sensible Verfremdungseffekte mit in das Bildensemble einbezieht, widmete er sich in früheren Bilderbüchern bereits Themen wie Liebe, Schuld und Tod. Auch „Annas Himmel“, dem neuesten von Ina Kronenberger im Hanser Verlag übersetzten Bilderbuch, handelt vom Tod von Annas Mutter. Die Trauer von Vater und Tochter ist groß, aber unterschiedlich. Mittels Annas Phantasie und kindlicher Hoffnungskraft gelingt es ihr, ihren Vater auf die Reise in „Annas Himmel“ mitzunehmen. Auf dieser Reise findet der Vater Trost und die Kraft, sich der anstehenden Beerdigung zu stellen. Gerade durch diese Inszenierung „enttarnt“ sich das vorliegende Bilderbuch nicht als ein Werk, das sich „nur“ dem inzwischen bereits mehrfach illustrierten Sujet „Tod und Trauer“ widmet. Vielmehr handelt es auch von dem außergewöhnlichen Glück, den das gemeinsame Trauern „seltsamerweise“ mit sich zu bringen vermag.
Der weitere zweite Troisdorfer Bilderbuchpreis schließlich geht an den Illustrator Peter Schössow und an das Buch „Der arme Peter“. Der berühmte Dichter Heinrich Heine verfasste dieses gleichnamige Gedicht über die alte Geschichte von der Liebe und dem Verlassen werden. Peter Schössow setzte die Zeilen in seiner bewährten Technik neu um: Licht- und Schatteneffekte, klare Schnitte erinnern an computeranimierte Filme. Deutliche Konturlinien und Motivreduzierungen unterstützen bildnerisch die knappe Erzählweise des Theaterstücks, das hier von Kindern für Kinder auf die Bühne gebracht wird. Die Aufführung selbst beinhaltet Drama, Überraschung und Amüsement – ein Wechselspiel der Gefühle, das sich beim illustrierten Publikum ebenso widerspiegelt wie beim Betrachter der Bilder. In Verbindung mit den unterschiedlichsten Perspektiven, mit Blick auf die Bühne, hinter die Kulissen oder in den Zuschauerraum, ergibt sich in der Bilderbuchgestaltung eine schlüssige Komposition, die die Jury überzeugte.
Beim Förderpreis, der aufgrund fehlender Qualität längere Zeit nicht mehr vergeben werden konnte, stachen die bewegten Bilder von Matthias Ries zu der Ballade „Trutz, Blanke Hans!“ des norddeutschen Dichters Detlev von Liliencron besonders hervor. Geprägt von den Eindrücken, die sich bei einer Wattwanderung einstellten, widmete sich Ries den Dichterzeilen in silhouettenhaften Darstellungen. Wiedergegeben wird dabei eine Sage von 1362, die davon berichtet, wie die Nordsee-Insel Rungholt in einer Sturmflut untergeht. Die Überlieferung berichtet von großen Reichtümern, aber auch von Gottlosigkeit und Überheblichkeit der Rungholter. Diese Zügellosigkeit wird hart bestraft, aber festgehalten durch eindrucksvolle Stimmungen - sensibel abgestimmt in Bild, Ton und Musik.
Den Preis der Kinderjury schließlich erhält das Buch „Lindbergh. Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus“ von Torben Kuhlmann. Die Illustrationen zu diesem Bilderbuch sprachen die 10 Drittklässler der unabhängigen Kinderjury stark an. Durch die Farbgestaltung, durch die detailgenaue, teils fotorealistische Darstellung wie auch durch die Wiedergabe von altertümlichen Accessoires fühlten sich die Schüler in eine andere, interessante Zeit versetzt. Dieser Flair des beginnenden 20. Jahrhunderts, verbunden mit einem verspielten Zugang zu Technik und Fliegerei und schließlich auch die Idee zur Geschichte taten dann ihr Übriges: sie überzeugten. In der Bilderbuchgeschichte erfüllt sich die Maus den Traum vom Fliegen und Freiheit selbst. Auf der Flucht vor Mausefallen und Katzen findet sie nach einer abenteuerlichen Reise in einem selbstgefertigten Flugzeug in New York Schutz. Ihr Erfolg bleibt nicht unbemerkt – und so wird sie entdeckt von einem kleinen Jungen namens Charles Lindbergh.

Quelle:
Bilderbuchmuseum Troisdorf

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